»Ich will nicht sterben, aber ich weiß nicht, wie ich leben soll …« - Anorexia nervosa als Herausforderung

Ausgabe: pädiatrische praxis, 2024, Band 102/01, mgo fachverlage GmbH & Co. KG (ISSN 0030-9346)

Zusammenfassung: Anorexia nervosa ist eine multifaktoriell bedingte Erkrankung, bei der (epi)genetische, metabolische und psychosoziale Faktoren individuell in sehr unterschiedlicher Gewichtung ineinandergreifen. Sie hat die höchste Mortalitätsrate unter den psychischen Erkrankungen und ein hohes Chronifizierungsrisiko, vor allem bei verzögerter Erkennung. Pädiaterinnen und Pädiater sind wegen der körperlichen Symptome oft die erste Anlaufstelle. Sie haben die Aufgabe, eine Behandlungsnotwendigkeit frühzeitig zu erkennen und den Weg in eine spezialisierte Behandlung zu begleiten. Bei unklarer Ätiologie des Untergewichts sind andere Erkrankungen differenzialdiagnostisch auszuschließen; drohende Kreislaufinstabilität führt oft zur stationären Einweisung. Neben den Essgewohnheiten, der aktuellen Nahrungsaufnahme, dem prämorbiden Ausgangsgewicht und der psychosozialen Anamnese sind das Ausmaß und die Geschwindigkeit des Gewichtsverlusts zu erfragen. Besonders atypische Verläufe mit einem hohen Ausgangsgewicht sollten frühzeitig erkannt werden. Sie können nun mit dem Kriterium 20% Gewichtsverlust innerhalb von 6 Monaten erfasst werden. Das Gewichtskriterium in der ICD-11 (5. Altersperzentile) ist dagegen enger gefasst als in der ICD-10 (10. Altersperzentile). Das hätte eine verspätete Diagnosestellung und Behandlung zur Folge. Zur Wahrung der Entwicklungschancen betroffener Kinder und Jugendlicher sollte daher die 10. Altersperzentile unter Verweis auf ICD-10 als Kriterium beibehalten werden.

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Autoren: D. Kunert, S. Melfsen, T. Lucas

Rubrik: Erziehung, Psychiatrie - Psychologie, Nervensystem

Verlag: mgo fachverlage GmbH & Co. KG

Stichworte: Anorexia nervosa, Gewichtsstabilisierung, Psychotherapie

ISSN: 0030-9346

Institut: Fuldabrück; Pädiatrische Psychosomatik und Psychotherapie, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck